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Den Still-BH an den Nagel gehängt... |
Gestern war es so weit. Ein letztes Mal habe ich mich vor Wölkchen entblößt und ihr meine Brust dargeboten. Sie wollte nicht. Sie leckte etwas daran herum, lachte mich an und drehte sich weg. Gut gelaunt nahm sie anschließend die Flasche entgegen. Ich ging in die Küche und machte mir einen Salbeitee. Sie war fertig. Ich war fertig. Es war gut so.
Fast 9 Monate habe ich gestillt. Quasi genauso lange, wie Wölkchen in meinem Bauch war. 9 Monate Symbiose im Bauch. 9 Monate allmähliche Abnabelung "draußen". Zeit für ein ganz persönliches Resümee.
Meine Stillgeschichte
Dass ich Wölkchen stillen würde, das war mir von Beginn an klar. Ich würde es zumindest versuchen. Wölkchen hatte Glück, dass Wirbelwinds Stillzeit bereits 2 1/2 Jahre zurücklag, denn da hatte ich mir geschworen beim nächsten Kind das Ganze nicht noch einmal durchzumachen. Aber mit den Jahren verschwand auch die Erinnerung daran, alles wirkte harmloser und damalige Probleme eher hausgemacht (die, mit erneutem Blick darauf, es nicht waren). Also auf ein Neues. Diesmal würde ich alles besser machen. Ganz oft anlegen, damit die Milch nur so sprudelt. Bei Lärm stillen, damit sich das Baby gar nicht erst an die Ruhe gewöhnt. Und trotzdem überall hingehen, sich nicht von einem Baby an das Heim fesseln lassen.
Soweit das Vorhaben. Doch schon bald merkte ich, dass es wieder nicht so richtig klappen wollte. Zunächst schmerzte es in Anbetracht der Dauerbenuckelung die ersten Wochen sehr beim Anlegen. Jedes Mal atmete ich tief ein und wartete auf den einschlagenden Blitz, wenn Wölkchen ihren Mund zum großen Haps öffnete. Erst ein paar Tage nach der Geburt begriff ich, warum ich plötzlich Zahnschmerzen bekam: bei jedem Anlegen biss ich so fest meine Zähne zusammen, dass sie schmerzten.
Die Schmerzen ließen nach zwei bis drei Wochen nach, doch das mulmige Gefühl blieb. Irgendwie trank Wölkchen nicht wirklich besser als Wirbelwind, lieber weniger und oft, und selbstverständlich nur dort, wo es vertraut und ruhig war. Jackpot. Nicht.
Ja, ich machte mehr Ausflüge als beim ersten Kind, aber am Ende doch deutlich weniger, als ich mir anfangs vorgenommen habe. Denn mit jedem Ausflug, den wir unternahmen, wurde ich skeptischer und vorsichtiger, jedes Mal, wenn Wölkchen mal wieder völlig überfordert freidrehte und wir den Schritt aus der Tür bereuten. Anlegen unmöglich. Stillen wurde zur Zerreißprobe.
Auch zu Hause im sicheren Hafen gab es Phasen, in denen sie nicht trank oder nur im Liegen.
So oder so wusste ich nie, was ich bekam, wenn ich sie stillen wollte. Es war ein tägliches Russisch Roulette.
Dennoch habe ich es durchgezogen. Im fünften Monat gab es Mittagsbrei, im sechsten Monat Abendbrei und mit den ersten Zähnchen auch das erste Fingerfood. Ansonsten wurde fleißig weitergestillt.
Mit sechs Monaten führte ich abends die Flasche ein, um mehr Unabhängigkeit zu erlangen. Sie nahm sie nur zögerlich. Wir fingen an nachts eine Stillmahlzeit durch die Flasche zu ersetzen, um längere Schlafzeiten zu erzielen. Und es funktionierte. Statt alle ein bis zwei Stunden aufzuwachen, schlief sie nach der Flasche vier Stunden. Endlich satt.
Mit etwa acht Monaten legte sich bei Wölkchen ein Schalter um und sie merkte auch tagsüber, dass es doch aus der Flasche viel leichter sprudelte, als aus Mamas Brust. Wachstumsschub, Zahnungsschmerzen und damit verbundener Stillstreik halfen dabei wohl auch etwas nach. Die letzten Tage wollte sie tagsüber dann gar nicht mehr an die Brust. Nur in den Morgenstunden, quasi noch etwas im Halbschlaf gönnte sie mir diese besonderen Kuscheleinheiten. Schließlich war durch das seltene Anlegen kaum noch etwas da, von der nicht sonderlich begehrten Muttermilch. Ein schleichendes und dann doch plötzliches Ende.
Und es geht mir gut dabei. Mit zunehmender Zeit wogen die Stillvorteile die damit verbundenen Nachteile nicht mehr auf. Die Zeit war gekommen.
Meine persönlichen Stillvorteile
Ja, Stillen hat Vorteile, die ich hier einmal ausführen möchte.
- Muttermilch ist das Beste für das Kind. Da muss man nicht drumherum reden. Außer die stillende Mutter ist eine kettenrauchende Vieltrinkerin. Diese Milch würde ich jetzt nicht unbedingt dem Baby empfehlen.
- Man kann sein Kind nicht verbrühen, weil die Milch immer wohltemperiert in sein Mündchen fließt.
- Man ist flexibel, muss bei Ausflügen (haha) nur daran denken sich selbst mitzunehmen.
- Man braucht keine Flaschen.
- Man spart Unmengen an Fertigmilch und somit bares Geld.
- Man kann sein Baby mit der Brust beruhigen, beispielsweise in Schubzeiten (außer es tritt in den Stillstreik).
- Man muss nachts nicht aufstehen, wenn das Baby hungrig wird.
- Man nimmt ab, obwohl man wirklich viel futtert.
- Man bekommt seine Tage nicht, da das Stillen den Eisprung verhindert. Ausnahmen bestätigen die Regel ;-)
Meine persönlichen Vorteile des Abstillens (Stillnachteile)
Warum ich trotz der offensichtlichen Stillvorteile nicht mehr stillen möchte, habe ich einmal hier zusammengefasst: meine ganz persönlichen Stillnachteile, von denen man im Netz irgendwie nie etwas zu lesen bekommt. Aber bitte bedenkt: das ist meine Meinung, jeder sieht und empfindet das anders!
- Man kann ENDLICH wieder "normale" Sachen anziehen. Kein Still-BH, keine stillfreundliche Oberteile, sondern ein normaler BH und ein richtiges Unterhemd. Ja, man fängt doch an die kleinen Dinge des Lebens zu würdigen.
- Das Baby ist nicht 100 Prozent von der Mama abhänging. Der Papa hat nun viel mehr die Möglichkeit zu zeigen, was in ihm steckt. Er kann es beispielsweise füttern, während die Mama mit dem großen Kind spielt.
- Und das ist auch schon der dritte Punkt: man kann sich als Mehrfachmama viel besser um seine anderen Kinder kümmern. Stillen raubt Zeit. Zeit, die man mit dem größeren Kind verbringen könnte, statt in der zwanzigsten Stillposition zu versuchen drei Tröpfchen Milch an
den Mann das Baby zu bringen.
- Flasche ist flexibler und entspannter als Brust. Klar muss man Milch vorbereiten, wenn man das Haus verlässt. Aber man kann im Einkaufszentrum einfach die Flasche herausholen und dem Baby in den Mund stecken, wenn es Hunger hat, anstatt im Trubel einen ruhigen Ort zu suchen, damit das Baby auch nur ansatzweise einmal andockt.
- Man muss nicht das Geschwisterkind maßregeln und um Ruhe bitten, damit der Knirps etwas trinkt. An der Flasche ist das Baby deutlich entspannter und lässt auch einen größeren Lärmpegel zu.
- Man bekommt wieder mehr Schlaf. Wenn das Baby nachts kaum etwas trinkt, weil es aus der Brust im Halbschlaf einfach zu anstrengend ist, nach drei Schlucken einschläft, um nach einer Stunde wieder hungrig zu erwachen, ist die Flasche ein Segen. Da macht es auch nichts, wenn man mal eben zum Wasserkocher eilen muss. Schließlich hat man danach wieder ein paar Stunden am Stück Schlaf.
- Man kann (auch nachts) mit dem Baby kuscheln, ohne dass es hektisch nach der Brust grabscht.
- Wenn das Baby die ersten Zähne bekommt, bleiben schmerzhafte Erfahrungen aus.
- Nie wieder Milchstau oder Brustentzündung!
- Man kann essen, was man möchte: Milchprodukte, Alkohol (in Maßen, versteht sich).
Stillorte
Schließlich möchte ich, wie es sich für ein umfassendes Resümee gehört, noch meine Stillorte bekannt geben. An diesen Orten habe ich mich entblößt und (siehe zweite Überschrift) der Öffentlichkeit präsentiert.
zu Hause:
- im Bett (liegend, sitzend, kniend)
- auf dem Sofa (liegend, sitzend)
- auf der Krabbeldecke
- auf dem Wickeltisch
Unterwegs:
- im Bus
- in der Bahn
- im Einkaufszentrum
- in der Umkleidekabine
- im Schuhgeschäft
- auf der Parkbank (im Sommer bei 30 Grad, aber auch im Winter bei 10 Grad)
- auf der Wiese
- im Restaurant
- im Café
- auf der Toilette
- im Warteraum und in der Praxis des Arztes
Für mich ist nun eine Ära zu Ende gegangen, die ich wohl nur selten zurücksehnen werde. Ich habe es nicht bereut gestillt zu haben. Vielleicht bereue ich es ein wenig, nicht schon eher mit der Flasche angefangen zu haben. Das hätte mir einige schlaflose Nächte erspart. Doch hinterher ist man immer schlauer. Nun ist es gut so, wie es ist. Ich habe meinen Frieden gefunden und - nebenbei bemerkt - der Papa auch.
Wie lange habt Ihr gestillt?
Welche weiteren Stillvorteile oder auch -nachteile könnt Ihr noch ergänzen?
Eure Wiebke
Labels: Baby-Alltag, Stillzeit