Warum kann es denn nicht einfach einfach sein?!

Bild: Pixabay.com
Es fing harmlos an. Abends brachte der Papa Wölkchen ins Bett und verabschiedete sich. Ich blieb mit Wirbelwind und dem schlafenden Wölkchen zurück. Wirbelwind schaute noch Sandmann und Lassie. Ich bereitete sie darauf vor, dass es danach ins Bett gehen würde. Schließlich (das verriet ich ihr natürlich nicht) wollte ich noch etwas schaffen. Einen Blogpost schreiben und veröffentlichen, bevor alle Leser im Bett liegen, zum Beispiel. Und das Gewinnspiel auswerten. Und Bewerbungen wollte ich auch noch schreiben... Ich las ihr noch ein Buch vor und als ich sie gerade ins Bett bringen wollte, meldete sich Wölkchen und das Drama nahm seinen Lauf.

Alles unter Kontrolle?

Zunächst dachte ich nichts Böses. Mit Nuckel bewaffnet ging ich ins Zimmer, steckte ihn ihr in den Mund, streichelte über das Köpfchen und ging wieder hinaus. Fertig. 

Ha, von wegen. Als ich mit Wirbelwind ins Bad zum Zähneputzen schlich, meldete sie sich erneut. Ich putzte noch schnell fertig und bat Wirbelwind in ihrem Zimmer zu spielen. Bei Wölkchen angekommen zeigte sich schnell, dass Wirbelwind wohl etwas länger warten müsste. Denn Wölkchen schluchzte sich so richtig ein, so dass ich sie doch in den Arm nehmen musste, wo sie sich nach eingier Zeit beruhigte. Irgendwann konnte ich sie sogar ablegen, ohne dass sie gleich wieder anfing zu schreien. Aber an Schlafen war nicht zu denken. Ich rieb ihr ein Kilo Zahnungsgel zwischen die Backen, aber am Gemütszustand änderte das wenig. 

Störfaktor Wirbelwind

Während Wölkchen ihren Bettrand anstarrte und ich über ihr Köpfchen strich, klopfte Wirbelwind - getrieben von Langeweile - mit einem Holzstock gegen die Zimmertür. "DAS IST JETZT NICHT SEHR FÖRDERLICH!", schoss es mir durch den Kopf und in mir fing es an zu brodeln. Ich verabschiedete mich von Wölkchen und ging unter lautem Protest ihrerseits hinaus. Ich steuerte schnurstracks das Wohnzimmer an, schnappte mir das Tablet und überreichte es triumphal Wirbelwind, deren Augen sofort anfingen zu strahlen. "Hier, schaue etwas Tablet, bis ich da bin. Geh am Besten in Dein Zimmer", und dann schloss ich ihre Tür. Bei Wölkchen startete wieder das Beruhigungsprogramm: Köpfchen streicheln, Hand halten, über den Rücken streichen. Die Atemzüge wurden gleichmäßiger und ich schaute voller Hoffnung in die .... weit geöffneten Augen. Mist. Also weiter. Immer wieder riss Wölkchen ihren Kopf nervös hin- und her. Die schleudernde Waschmaschine über uns und die Krankenwagensirene auf der Straße waren dabei nicht sonderlich hilfreich. 

Dann erschien Wirbelwind in der Tür und jammerte, dass das Tablet nicht funktionierte. Ich schickte sie, diesmal nicht ganz so freundlich, ins Wohnzimmer. Dort müsste es gehen. Wölkchen kommentierte meinen Vorschlag mit viel Protest. Ich schloss die Tür, streichelte erneut über den Kopf und sie beruhigte sich. Dann hieß es erneut warten. Minuten verstrichen und Wölkchen regte sich nicht. Jeder Blick zu ihr zeigte jedoch das gleiche Bild: offene Augen. DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN! Dann machte ich den Fehler und zwirbelte mein Haar. Wölkchens Kopf drehte sich zu mir und die dunklen Augen guckten mich überrascht an. Kurze Zeit später war es mein großer Zeh, den ich im Schuh hin- und herbewegte. Aber auch Wirbelwinds Tablet wehte ein konstant plärrendes Geräusch zu uns hinüber. Zumindest hat sie es zum Laufen gebracht.

Wütend, wütender, Wiebke

In mir brodelte es indes immer stärker. Meine To-Do-Liste flog vor meinem inneren Augen umher und verhöhnte mich mit lautem Gelächter. Wut, Selbstmitleid, Ohnmacht und Fassungslosigkeit machten sich breit. Warum ausgerechnet heute? Warum klappt es denn heute nicht, wenn ich mal alleine bin UND abends ein paar Dinge zu erledigen hatte? Warum hätte Wölkchen denn nicht gestern diese Schlafprobleme haben können, als wir zu zweit waren und uns aufteilen konnten?

Inzwischen war es 20:30 Uhr, Wölkchen bereits fast eine Stunde wach. Wirbelwind musste ins Bett und weg von dem Tablet und den bunten Bildchen. Erneut bat ich mit sanfter Stimme Wölkchen bitte endlich zu schlafen und verließ den Raum. Sie schrie sofort los. Ich ging unbeirrt zu Wirbelwind, nahm ihr das Tablet aus der Hand und machte es aus. Das ging natürlich zu schnell, sie wollte die Conny-Folge noch zu Ende schauen. Meine Erklärungsversuche kamen gar nicht bei ihr an. Ich steckte sie ins Bett, sang, kraulte den Rücken und ging, weil ich zum weinenden Wölkchen musste. Sie bat mich, noch weiter den Rücken zu kraulen. Ich meinte genervt, dass sie mir wohl nicht zugehört habe. Ich müsse doch jetzt zu Wölkchen. Meine schlechte Laune konnte ich nicht verbergen. 

Ich hastete wieder rüber in Wölkchens Zimmer und strich ihr erneut über das Köpfchen. Wieder lag sie apathisch da, dachte jedoch nicht daran die verdammten Augen zu schließen. Unruhig wälzte sie sich hin und her. Aus Wirbelwinds Zimmer war derweil ein Schluchzen zu vernehmen. Das wurde immer lauter und steigerte sich in ein jammerndes "Maaaaaamiiiiiii", so dass Wölkchen selbstverständlich irritiert ihren Kopf erhob. 

Und da war sie: WUT. Ich war einfach nur wütend. Wütend auf Wölkchen, weil sie einfach nicht schlafen wollte. Wütend auf Wirbelwind, weil sie mit ihren vier Jahren noch so verdammt unreif war. Wütend auf mich, weil ich so wütend bin und etwas wütend auch auf meinen Mann, weil er nicht da war. Ich verließ erneut Wölkchens Zimmer, stampfte den Flur entlang zu Wirbelwinds Raum, schmiss die Tür auf und brüllte meinen ganzen Frust aus der Seele. Ich konnte zwischen all den lodernden Flammen in meinen Augen sehen, wie Wirbelwind erschrak. Ich brüllte weiter, gab ihr all die Schuld dafür, dass das hier nicht funktionierte. Meinte, dass Wölkchen schon längst schlafen würde, wenn sie nicht so laut wäre und ständig gegen die Tür klopfen würde usw. Es war nicht nett und Jesper Juul würde die Arme über den Kopf zusammen schlagen. Wirbelwind blieb mucksmäuschenstill. Als ich die Tür schloss, um erneut zum weinenden Wölkchen zu gehen, sah ich noch, wie sie sich unter die Decke verkroch. 

Nachklang

Bei Wölkchen tat sich nichts Neues auf. Irgendwann verließ ich wieder den Raum, weil ich das Gefühl hatte, dass sie durch meine Anwesenheit nur wacher und nicht müder wurde. Sie meckerte kurz, blieb dann aber ruhig. Ich schaute zu Wirbelwind ins Zimmer. Sie lag immer noch unter ihrer Decke. Ich näherte mich ihr zaghaft und sie schaute mich mit großen, traurigen Augen an. Ich streichelte, ich erklärte, ich entschuldigte mich. Ich kraulte ihren Rücken und ging. An der Tür hörte ich sie flüstern "Ich hab Dich lieb". Tränen kullerten über mein Gesicht. Ich Dich auch mein Schatz.

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